Einsatz gegen (sexualisierte, genderspezifische) Gewalt

Schulsozialarbeit sehe ich als einen Beitrag zur Friedensarbeit. 

An unserem SSP Meran Obermais haben wir die „Leitfaden Schulsozialarbeit“ – jenen für Schüler:innen und zugleich die Version für Lehrpersonen - erarbeitet, auch um zivilcouragierten Einsatz für Frieden und gegen Gewalt zu fördern. Siehe hier im Anhang.

Gewalt ist nach wie vor auch stark gegendert. Dominante Männlichkeit ist in unserer Gesellschaft nach wie vor stark an Gewalt gekoppelt. Hat jeder Mensch das Potential, Gewalt auszuüben, so zeigt sich uns doch eine Realität, in der besonders Männer und werdende Männer Gewalt ausüben, gegenüber Anderen wie auch gegenüber sich selbst (auch Suizide werden verhältnismäßig häufiger von Männern verübt).

Im vergangenen Jahr ist das Buch „Wir brechen das Schweigen“ erschienen. Ich empfehle allen die Lektüre, um gemeinsam sexualisierte Gewalt in Südtirol zu enttabuisieren.

Andrea Fleckinger leitet jetzt eine Studie, um die Langzeitfolgen von traumatischen Erfahrungen sexualisierter Gewalt in Südtirol zu enttabuisieren. Es gibt dazu auch einen Aufruf zur Teilnahme.

In diesem Artikel beschreibt Barbara Plagg aus ganz persönlicher Perspektive, wie schwierig es ist, in dieser Gesellschaft besonders Jungs zu gewaltfreien Menschen zu erziehen, und Mädchen zu selbstbestimmten Menschen jenseits der Anpassung an patriarchal definierten Normen.

An unseren Schulen versuche ich als Schulsozialpädagoge Gewaltfreiheit und Zivilcourage zu üben, für mich und mit allen am Schulwesen Beteiligten. Mit Schüler:innen von der ersten Klasse an.

Sexualisierte, genderspezifische Gewalt ist auch mit anderen Diskriminierungsformen verwoben, etwa mit Rassismus, Klassismus, Adultismus, Bodyismus, Ableismus. Das ganze wirre Paket von Ungerechtigkeit müssen wir abbauen, wenn wir in einer gerechten Gesellschaft leben wollen! Sonst ist auch keine Klimagerechtigkeit möglich.

Hier können sich Menschen Hilfe holen, wenn sie von sexualisierter / genderspezifischer Gewalt betroffen sind.

Über „Codewort Erika“ bekommen Betroffene auch im Krankenhaus Zuflucht, Schutz und in Folge weiterführende Unterstützung.

Sexualisierte Gewalt ist in unserer Gesellschaft strukturell verankert, also ist es niemals nur ein Thema „der Anderen“, sondern geht uns alle an. Wie bei Mobbing. Nur gemeinsam können wir diese Strukturen wirklich ändern. Begleiten wir Betroffene, damit sie Unterstützung annehmen können.

Sexualpädagogische Bildungsarbeit an Schulen gehört zur Präventionsarbeit gegen sexualisierte Gewalt. Ich hoffe, dass in Südtirol bald wieder mehr in entsprechende Programme investiert wird. Und ich freue mich, wenn wir es an unseren Schulen schaffen, externe Expert:innen für Projektunterricht zu buchen. Besonders auch die Pädagog:innen der Plattform Sexualpädagogik und die Leiterinnen des Projekts „Ich sage nein!“.

I
ch freue mich, wenn wir gemeinsam lernen, Bedürfnisse und Grenzen gewaltfrei zu verhandeln, eigene Grenzen und Grenzen der Anderen zu respektieren, Beziehungen und Berührungen auf gewaltfreien Verhandlungen und auf Konsens zu gründen. In der Schule, in unseren Familien und überall.

Für weiterführenden Austausch zu diesem und allen anderen Themen der Schulsozialarbeit können Sie sich gerne bei mir melden. Auch für vertrauliche Elternberatung bin ich kontaktierbar unter

Tel. +39 331 3153103  
Email Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Mit freundlichen Grüßen

Ivo Passler

Schulsozialpädagoge SSP Meran Obermais

Schulsozialpädagogik. Abschied vom Schuljahr 2022-23

Das Schuljahr klingt aus.

Rückblickend habe ich als Schulsozialpädagoge heuer wieder vieles erlebt. Es gab viele Probleme zu bewältigen. Daran konnte ich persönlich wachsen und dafür bin ich dankbar. Ich wünsche dir das auch. So einiges haben wir gemeinsam geschafft.

Schön fand ich, dass ich das ganze Schuljahr über direkt an den Schulen arbeiten konnte, ohne verpflichtenden Nasen-Mund-Schutz. Mir fällt auf, wie schnell wir als Gesellschaft die letzten drei Jahre Ausnahmezustand verdrängt haben. Sicher ist Verdrängen nach einem Schock oder Trauma erst mal auch eine wichtige Bewältigungsstrategie. Mit anderen Menschen offen, liebevoll und versöhnlich über diese schwierigen Zeiten und Erlebnisse zu sprechen ist für mich nun wichtig zum Verarbeiten.

Bei Abschieden habe ich mich in Vergangenheit oft schwergetan, meine Gefühle wirklich zu zeigen. Damit meine ich besonders die Dankbarkeit für gemeinsame Erfahrungen und auch die Trauer beim Loslassen. Mittlerweile weiß ich, dass auch viele andere Menschen sich schwer damit tun, Trauer und Dankbarkeit offen und liebevoll auszudrücken. Ich weiß jetzt aber auch, dass ich das lernen kann.

Für die vielen Erfahrungen, Erfolge und Begegnungen im heurigen Schuljahr bin ich dankbar, sie kommen in meinen Erfahrungsschatz.

Besonders auch dir und euch danke ich jetzt. Du bist ja auch Teil meines Lebens, schon auch nur dadurch, dass du das hier liest. Wir sind an der Schule in persönlichen Kontakt gekommen, deshalb bin ich jetzt beim Abschied auch ein bisschen traurig, selbst wenn ich manche Erfahrungen gut mitnehmen, andere gut zurücklassen kann.

Nun freue ich mich sehr auf Urlaub und bin gespannt darauf, was im Sommer alles auf mich zukommt. Jedenfalls will ich darauf achten, dass ich auch entspannen und mich erholen kann, um dann im September wieder freudig ein neues Schuljahr zu begrüßen. Das wünsche ich dir auch.

Ein Punkt, den ich mir auch für das kommende Schuljahr wieder stark vornehme, ist die Pflege von positiver Respektkultur gekoppelt an Antidiskriminierung. Im Kleinen, in der ganz alltäglichen Begegnung, und bezüglich der großen, globalen Fragen wie Klimagerechtigkeit und Geopolitik. Ich denke, das liegt besonders auch in meiner Verantwortung als Erwachsener gegenüber den nächsten Generationen.

Liebe Grüße, dein Schulsozialpädagoge

Ivo Passler

 

NB: Während der Schulferien bin ich teilweise im Dienst. Bei Fragen, welche die Schulsozialarbeit / das persönliche Wohlbefinden unserer Schüler:innen betreffen, könnt ihr mich gerne via E-Mail für vertrauliche Beratung kontaktieren: reibung meiner professionellen Rolle und Aufgaben zu finden ist.</p>""

Gewalt, Empathie, Grenzen, Medien

Im Internet werden auch Kinder & Jugendlichen mit sehr gewaltbesetzten Bildern, Videos, Geschichten konfrontiert. Wie können wir sie vor Überreizungen schützen, die zu emotionaler Verrohung führen?

Wir können – und sollten – das versuchen, einzig und allein durch Verbote ist das jedoch sicher nicht zu schaffen.

Umso wichtiger ist es, dass wir unsere Kinder und Jugendliche dahingehend erziehen, ihre eigenen Grenzen kennen zu lernen, zu erspüren, zu wahren und zu verteidigen. Es ist wesentlich, dass wir gemeinsam mit unseren Kindern und Jugendlichen darüber reden und beraten, welcher Konsum gesund ist. Dazu müssen wir im Dialog bleiben - auf Augenhöhe. Es braucht Zeit und Energie dazu und den Abbau von Machtgefällen zu unseren Kindern & Jugendlichen. Nicht alle von uns haben diese Zeit und Energie. Wenn wir diese Ressourcen irgendwo finden und aufbringen können, sollten wir das jedoch jedenfalls machen.

Ich bin nicht immer Fan der Abendsendung von Markus Lanz. Hier ist es mir als Schulsozialpädagoge jedoch wichtig, den Ausschnitt zu teilen:

https://www.youtube.com/watch?v=TW5mMTHiNmY&t=45s

Begleiten wir unsere Kinder und Jugendlichen hin zu positivem Selbstbewusstsein. Enttabuisieren wir dazu auch Themen wie Gewalt, Sexualität, Konsum, Abhängigkeit, Krankheit, Trauer, Tod.

Bis social media Plattformen rechtlich reguliert werden, wurden unsere Kinder schon längst mit schwer verdaulichen Medieninhalten konfrontiert.

Leider sehen wir im Video, wie der Diskurs im letzten Teil stark in Richtung von Überwachen und Strafen gelenkt wird. Sicher ist es wesentlich, dass unsere Kinder & Jugendlichen auch rechtliche Rahmen bekommen, innerhalb derer sie sich gesund entfalten können. Und Rahmen geben heißt auch Grenzen setzen.

Inhaltliche Themen wie Gewalt, Sexualität etc. lassen sich aber nicht durch Überwachen und Strafen bewältigen und aufarbeiten. Insofern finde ich es richtig, dass der letzte Satz von Karin Prien lautet, Wir werden das sicherlich nicht nur mit dem Strafrecht lösen können.

Wer begleitet unsere Kinder & Jugendlichen also dabei, die Inhalte der Medien zu verdauen, mit denen sie – oft ungewollt – konfrontiert werden? Wer begleitet sie dabei, für sich selbst Grenzen zu ziehen und diese Anderen gegenüber geltend zu machen? Wer ist für sie da, wenn sie Austausch suchen für Aufarbeitung unserer so schwierigen Gesellschaftsthemen? Wem können sie sich anvertrauen? Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die wir nur meistern können, wenn wir alle Beiträge leisten.

Sollte das Thema sie gerade aktuell betreffen, können Sie sich gerne bei mir für vertrauliche Beratung melden.

Ivo Passler

Ivo Passler
Schulsozialpädagoge SSP Meran Obermais
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!dtirol.it

+39 331 3153103

Suchtprävention. Snus & Vapes

Sehr geehrte Eltern und Erziehungsberechtigte 

Gesundheitsförderung und Suchtprävention gehören zum Bildungsauftrag der Schulen. Dementsprechend wird das Thema Sucht im Unterricht erarbeitet. In den letzten Tagen wurde in den Medien vor allem das neue Phänomen des Konsums von Snus und Vapes thematisiert. Als Bildungsverantwortliche greifen wir dies hiermit auf und sind zuversichtlich, dass wir gemeinsam Jugendlichen stärken können. Dazu senden wir Ihnen zwei Videos, die wichtige Informationen enthalten, die im Gespräch mit Ihren Kindern nützlich sein können.

Wir weisen darauf hin, dass Sie sich für eine Beratung an die entsprechenden Stellen, etwa EXIT vom Verein La Strada – Der Weg wenden können. An der Schule steht der Schulsozialpädagogen Ivo Passler für vertrauliche Erstberatung (unter Tel. Nr. 331-3153103) zur Verfügung.

In der Folge die Links zu den Videos:
Der Snus-Schmäh - Das neue Geschäft mit der Sucht des österreichischen Formats politik:oida.
 
E-Zigaretten +Tabakerhitzer | Nikotin-Falle: Die gefährliche Kampagne der Tabakindustrie | SWR Doku

Ich sage Nein! Jungs gegen sexualisierte Gewalt

Seit einigen Jahren organisieren wir an der Mittelschule Obermais den Projektunterricht “Ich sage Nein!” für die Schülerinnen der dritten Klassen. Dabei kommen externe Expertinnen, Mitarbeiterinnen der Frauenhäuser, um spezifisch mit den Mädchen zu arbeiten. In den Workshops geht es um Selbstbestimmung als Mädchen/Frauen, um Selbstbewusstsein, Selbstschutz, Selbstverteidigung, Zivilcourage und Solidarität, speziell auch in Bezug auf sexualisierte Gewalt.

Parallel dazu arbeite ich als Schulsozialpädagoge mit den Jungs zu denselben Themen, aber aus der Perspektive als Mann. Ich leite die Schüler dazu an, Qualitäten von Männlichkeit (selbst-)kritisch zu befragen, um Sensibilität und Zivilcourage gegen (sexualisierte) Gewalt zu erspüren und zu erüben. 

Bei den Übungen merke ich immer wieder, wie stark Männlichkeit in unserer Gesellschaft immer noch an die Fähigkeit geknüpft ist, Gewalt auszuüben, andere Menschen abzuwerten, Feindlichkeit gegen Andere (etwa gegen FLINTA* und gegen schwule Männer) auszuüben.

Ich bin froh, dass ich mit den Jugendlichen dazu reflektieren kann und wünschte, damals hätte jemand mit mir vertrauenswürdige Gesprächsräume zu diesen Themen eröffnet. Ich war selbst stark in sexistischen Mustern verhangen und es gab kaum Alternativen zu den patriarchalen Gewalt-Traditionen. Diesbezüglich scheint sich wenig geändert zu haben.

Eine Erfahrung ganz frisch aus einem der Workshops: Jungs haben teilweise frauenfeindliche und homofeindliche Aussagen getätigt. Zugleich gaben sie (alle Schüler waren weiß) an, dass sexualisierte Gewalt in erster Linie von “ausländischen Männern” verübt würde. Kaum einer der Jungs wusste, dass sexualisierte Gewalt meist durch enge Bezugspersonen verübt wird, in der Familie, im Verein, in der Kirche, in der Betreuungsstätte, in der Schule, im Altersheim … Kaum jemand wusste, dass Sexismus/sexualisierte Gewalt in der ganzen Gesellschaft vorkommt, transversal durch alle gesellschaftlichen Klassen. Der rassistische Reflex, dieses primär männliche Gewaltproblem auf “Ausländer” abzuschieben, war in der Gruppe sehr stark und ein einfacher Weg, eigene Verantwortung abzuladen.

Es tut mir sehr leid zu sehen, dass Projektunterricht durch Expert:innen im Bereich Sexualpädagogik und Gewaltprävention in Südtirol nicht flächendeckend gefördert wird.

Ich weiß, dass Sexualität und sexualisierte Gewalt in vielen Familien immer noch große Tabu sind und viele Kinder und Jugendliche zu diesen Themen primär durch Pornografie “unterrichtet” werden.

Gerne möchte ich diese beiden Bücher zum Thema empfehlen:

wir brechen das schweigen

Wir brechen das Schweigen. Betroffene sprechen über sexuellen Missbrauch.

von Veronika Oberbichler, Georg Lembergh


maenner maennlichkeit und liebe 9783945543979 cover

Männer, Männlichkeit und Liebe. Der Wille zur Veränderung von bell hooks

Auch diesen Podcast empfehle ich:

Stachel und Herz - kritische Männlichkeit

Sollten Sie selbst sexualisierte Gewalt erfahren haben: Sie sind nicht allein! Melden Sie sich vertraulich bei Familienberatungsstellen, bei Frauen Gegen Gewalt, bei Frauen Helfen Frauen oder in Akutsituationen auch gleich unter Notruf 112. Dasselbe gilt, falls Sie Menschen in Ihrem Umfeld kennen, die von Gewalt betroffen sind. Schauen wir nicht weg. Schauen wir hin. Nennen wir Gewalt beim Namen. Sichern wir Unterstützung. Durchbrechen wir die Mauern des Schweigens. 

Gerne können Sie sich bei Bedarf oder Interesse auch bei mir melden, um das Thema zu vertiefen.

Ivo Passler

Schulsozialpädagoge SSP Meran Obermais

Tel. +39 331 315 3103

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*FLINTA: Die Abkürzung steht für Frauen, Lesben sowie intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans und agender (also geschlechtslose) Personen.